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Jojo Moyes: Zwischen Ende und Anfang

Ein Humorvoller Frauenroman

Was ich gerade lese: "Zwischen Ende und Anfang" von Jojo Moyes

Was ist eigentlich ein Frauenroman?

Sogenannte "Frauenliteratur" gehört normalerweise nicht zu meiner bevorzugten Lektüre. Da ich aber von Jojo Moyes Roman Ein ganzes halbes Jahr total begeistert war, hat mein Mann mir ihr aktuelles Buch "Zwischen Ende und Anfang" zum Geburtstag geschenkt.

 

Bisher konnte ich mit dem Begriff "Frauenroman" nie etwas anfangen. Was sollte das bitte schön sein?

Vielleicht geht es um weibliche Titelfiguren, dachte ich.  Aber die gibt es in der Weltliteratur ja zuhauf. Darunter Klassiker wie "Jane Eyre" von Charlotte Bronte, "Tess" von Thomas Hardy oder "Madame Bovary" von Gustave Flaubert. Doch sind das deswegen "Frauenromane"?

 

Wohl kaum. Denn in diesen Romanen geht es vor allem um gesellschaftsrelevante Themen. Die weibliche Titelfigur wird "lediglich" als Ausgangspunkt genommen, um die Welt aus ihrer Perspektive zu beleuchten, was oft genug mit einer Portion Sozialkritik einhergeht. Sie sind sowohl von Frauen als auch von Männern geschrieben und richten sich an weibliche UND männliche Leser.

 

Das wesentliche Merkmal eines sogenannten Frauenromans scheint mir daher einzig die Zielgruppe "Frau" zu sein, also ein Buch, das tatsächlich nur für weibliche Leser geschrieben ist.

Seltsam! Aber ja, auf Jojo Moyes aktuellen Roman trifft das irgendwie zu. Jedenfalls würde ich meinem Mann das Buch nicht zu lesen geben.

 

Warum? Weil es ausführlich - für die eigentliche Handlung nicht relevante - angeblich typisch frauenspezifische Aspekte behandelt: vom 2-stündigen Auftakeln für ein Date über kritische Selbstbegutachtung des eigenen Körpers bis hin zur Frage nach der richtigen Unterwäsche. Darin sollen sich weibliche Leser wohl wiederfinden.

Für meinen Geschmack ein bisschen viel Klischee. Trotzdem habe ich das Buch gerne gelesen, was in erster Linie Jojo Moyes unverkrampftem und humorvollem Stil zu verdanken ist.

Jojo Moyes: Zwischen Ende und Anfang

Anfangs fand ich an diesem Buch so ziemlich alles sympathisch:

  • Den originell gestalteten Einband: mit Farbverlauf über den Buchschnitt; also nicht über den Buchrücken, der ja zum Cover gehört, sondern über die gegenüberliegenden Seiten.
  • Geschrieben von einer äußerst freundlich wirkenden Autorin. Dies kann ich jedoch nur aus Interviews ermessen, denn ich habe Jojo Moyes nicht auf der kürzlichen Lesung im Hamburger Thalia-Theater live erlebt. 
  • Liebenswürdige Romanfiguren, auch wenn sie noch so nervig daherkommen.
  • Die leicht chaotische, aber locker und mit viel Humor erzählte Story.

Die Handlung entspricht so dem Üblichen, was man von einem Frauenroman wohl erwarten darf, nehme ich an:

Es geht um eine geschiedene, alleinerziehende Frau mit zwei pubertierenden Töchtern, einem ruppigen Hund sowie einem sanierungsbedürftigen Haus an der Backe. 

Lila ist Schriftstellerin und um Geld in die Familienkasse zu bekommen, wird von ihr dringend der nächste Roman erwartet. Ihre Lektorin empfiehlt etwas mit heißen Sexszenen, das verkaufe sich gut. (Leider kein Klischee!) Und damit alles authentisch wirke, solle sie aus eigenen Erfahrungen schöpfen. (Ups!)

 

Tja, genau darin liegt das Problem. Im Gegensatz zu ihrer Freundin, die sich gerade sexuell austobt und dieses als "Befreiung ihrer Weiblichkeit" empfindet, weiß Lila nicht, wo ihr der Kopf steht. Nicht nur, dass ihr Ex mit seiner neuen Flamme ein Kind erwartet. Lila wird mit der Hochschwangeren und ihrem tuschelnden Gefolge an Muttis auch noch täglich auf dem Schulhof konfrontiert, wo beide ihre Grundschulkinder abholen. Lila, die Betrogene, steht im Abseits.

 

Dann beschließt auch noch ihr Stiefvater, bei ihr einzuziehen, da er sich in seinem Bungalow einsam fühlt, seit Lilas Mutter vor Kurzem verstorben ist. Einerseits kocht er gut, andererseits ist er in allem furchtbar penibel und neigt dazu, Vorträge über gesunde Ernährung zu halten. Nach und nach stopft er das Haus mit seinen Möbeln voll, mitsamt dem Klavier, das nur noch im Flur Platz findet.

 

In dieses Chaos fällt obendrein Lilas leiblicher Vater ein, ein alternder Hollywood-Star, der seine Familie im Stich ließ, als Lila 7 Jahre alt war. Sie tritt ihm unversöhnlich gegenüber, aber er bleibt hartnäckig und schmeichelt sich bei seinen beiden Enkelinnen ein. So schnell wird Lila ihn also nicht wieder los. Beide Väter beharken sich unaufhörlich.

 

So weit, so gut. Das tägliche Tohuwabohu entbehrt nicht einer gewissen Komik. Und weil so unaufgeregt erzählt, droht es auch nicht zum Slapstick abzugleiten. Auch die Dialoge haben Witz. Okay, das ständige Gezicke der beiden Pubies nervt auf Dauer, aber das muss wohl so sein.

 

Tja, und dann tauchen da zwei Männer auf, mit denen Lila sexuelle Erfahrungen zu machen sucht - aus Gründen der Romanrecherche, versteht sich!

Das war der Moment, wo die Handlung leider ins Klischeehafte abrutschte: Auf der einen Seite der verlässliche, grundanständige und hilfsbereite Gärtner, der sich durch den Urwald ihres Gartens arbeitet. Auf der anderen Seite der gut aussehende Architekt mit schicken Klamotten am Leib, der ebenfalls alleinerziehend ist.

Die Beschreibung der beiden intimen Begegnungen empfand ich als abgedroschen. Ich habe mich ernsthaft gefragt, ob "Frau" so etwas wirklich lesen will. Ob es irgendein weibliches Wesen gibt, das solche Zeilen womöglich erregend findet. Ich fand es einfach nur zum Gähnen und am Rande von platt. Und ja, absolut verzichtbar.

Aber wer weiß? Vielleicht hat Jojo Moyes Verlag ein paar "heiße Sexszenen" gefordert, die sie widerwillig erfüllt hat. ;-)

 

Gott sei Dank hat die Autorin dann aber doch noch geschickt die Kurve gekriegt und manches gerettet, nachdem sie Lila hat "erwachen" lassen. Zum Ende hin gab es sogar ein paar überraschende Wendungen und Enthüllungen.

Es hat Spaß gemacht zu lesen, wie Lila ihren Kopf aus all dem Schlamassel wieder herausgezogen bekommen hat.

Den in Auftrag gegebenen Roman - so viel sei hier verraten - hat sie zum Glück nicht geschrieben und damit Größe bewiesen. 

 

FAZIT: sympathische Unterhaltung für Zwischendurch, aber in keiner Weise an Ein ganzes halbes Jahr heranreichend. Den Anspruch hat es wahrscheinlich auch gar nicht gehabt.


Und was meinen Sie, falls Sie den Roman auch gelesen haben sollten? Teilen Sie es mir gerne mit!

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