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Warum Regen bei mir gute Laune auslöst

Warum Regen bei mir gute Laune auslöst

Aurelia L. Porters Autorenblog: Warum Regen bei mir gute Laune auslöst

Sonntagabend 30. Juni 2024

 

Heute war ein guter Tag.

Aber warum? Was machte diesen Tag so gut?

 

Zuallererst, weil er anders war als gestern, wo ich gefühlt nichts auf die Reihe gekriegt und den ganzen Tag sinnlos verplempert habe. Nichts gegen Zeit verplempern, das muss ja auch mal sein. Aber irgendwie war alles unbefriedigend. Ich hatte endlich einen ganzen Tag lang Zeit für mich, aber zu nichts richtig Lust. Und so kam mir der Tag absolut vergeudet vor.

 

Heute habe ich zwar auch nichts Großartiges vollbracht. Aber alles, was ich gemacht habe, hat mir Freude bereitet. Der Sonntag war komplett frei. Ich hatte mir bewusst nichts vorgenommen, und so konnte ich nach Lust und Laune in den Tag hineinleben. Beides war mir diesmal vergönnt. Herrlich!

Ein genussvoller Beginn

Es fing schon mit dem Aufwachen an. Ein verregneter Sonntag hieß mich willkommen. Draußen war trotz später Morgenstunde alles still. Wie wunderbar, sich im Bett noch einmal umzudrehen und dem Regen zu lauschen, ohne dass die Sonne einen aus dem Bett kitzelt.

 

Zum Frühstück ein Ei, weil Sonntag ist. Nach zwei Bechern Earl Grey noch einen Kaffee hinterher, um meine Sonntagslektüre am Frühstückstisch etwas in die Länge zu ziehen.

Nach Jahrzehnten lese ich wieder mal "Die Blechtrommel" von Günter Grass; eine alte Taschenbuchausgabe aus den 60ern in einer klitzekleinen Schrift - Schriftgrad 9, höchstens, und kaum Rand. Vor meiner Augen-OP hätte ich das Buch unmöglich lesen können, da hätten mir schon nach fünf Minuten die Augen vor Überanstrengung getränt. Doch nun ist das machbar. Auch darüber habe ich mich gefreut.

Ein Gedankenfaden entspinnt sich

Weit bin ich trotzdem nicht gekommen. Ein Gedanke hielt mich zurück. Während des Frühstücks sprachen wir nämlich über den gestrigen Einzug der Deutschen National-Elf ins EM-Viertelfinale, und ich fragte mich laut, ob die Deutschen jetzt wohl wieder größenwahnsinnig werden. Wohlgemerkt, ich sagte DIE Deutschen, nicht WIR Deutschen.

 

Genau das gab mir zu denken, denn es war ganz unbewusst geschehen. Wieso? Zähle ich mich nicht dazu? Oder will ich mich nicht dazuzählen? Schäme ich mich etwa meines Deutschseins?

Dem wollte ich auf den Grund gehen. Die nächsten anderthalb Stunden habe ich meine Gedanken dazu in einer Oxford-Kladde festgehalten und bin zu einem erschreckenden Ergebnis gekommen.

Sie können es im nächsten Blogbeitrag in der Kategorie "Momentaufnahme" (vormals: Was mich gerade beschäftigt) lesen. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir zu gegebener Zeit dazu Ihre Gedanken dazuließen.

Zu Besuch bei einem Hundertjährigen

Gegen Mittag sind wir – wie momentan jeden Tag – zu meinem 100-jährigen Vater gefahren, der seit fünf  Jahren in einer Senioreneinrichtung lebt und wie so oft in letzter Zeit nicht ganz bei sich ist. Die unterschiedlichen Phasen gehen von tiefem ruhigem Schlaf bis hin zum Schreien und Toben. Vergangenheit mischt sich mit Gegenwart, Wahnvorstellung mit Realität.  Dazwischen gibt es immer wieder völlig klare Momente, in denen alles wie früher scheint.

Wir wissen nie, in welcher Verfassung wir ihn antreffen werden. Ob er ansprechbar sein wird oder nicht. Alles ist möglich.

 

Heute hatte er zum Frühstück anscheinend Sabbelwasser getrunken und einen Kasperle verschluckt. Er war bereits munter am Erzählen, als noch keiner bei ihm im Zimmer war. Die Augen gingen ins Leere und wanderten ziellos umher. Er weilte offenbar gerade woanders.

Aber dort ging es ihm zum Glück ganz gut. Er sei ja an sich kein Biertrinker, vertraute er mir an, aber ab und zu sei ein Bierchen ja doch ganz schön. Man muss sich ja nicht gleich betrinken. Schon eine Bierfahne sei eklig.

 

Erstaunlicherweise konnte er auf meine Fragen logisch antworten und sogar eine Art Unterhaltung führen – auch wenn sie nicht immer Sinn ergab. Plötzlich warf er übergangslos ein, dass er ja einen Urenkel habe, ob ich das wisse. Der esse neuerdings auch immer Brei.

Das hatte er sich also gemerkt und konnte es selbst in diesem Geisteszustand abrufen. Mehr noch: Das Komische an der Situation erkennen, was ihn zum Lachen brachte.

 

Während unserer Plauderei habe ich ihm das Mittagessen angereicht (Tafelspitz mit Meerrettichsoße mit Kartoffeln und grünen Bohnen – püriert, versteht sich.)

Irgendwann meinte er, es sei nun genug. Man müsse ja nicht immer alles aufessen, die Hälfte reiche auch.

Und tatsächlich hatte er so ziemlich genau die Hälfte gegessen. Nur wie konnte er das wissen, da seine Augen umhergeirrt waren und er mit ihnen nichts hatte fixieren können?

 

Dieses Pendeln zwischen Realität und - ja was? Vergangenheit? Traum? Wahn? Halluzination? Eigener Welt? - hat mich diesmal nicht nur betroffen gemacht, sondern auch amüsiert. Uns beide!

Wir hatten Spaß und haben gemeinsam gelacht – und das ist es, was momentan besonders zählt.

Ein weiterer GedankenOutput

Der Besuch meines Vaters war der einzige "Pflichtteil" des Tages. Zur Kür habe ich nach dem Mittagsbrot einen Kuchen gebacken. Spontan.

Ich hatte noch etwas Bioghurt im Kühlschrank, der weg musste. Und es war noch Beerenobst vom Vortag da. Die Himbeeren waren leider bei der schwülen Luft verschimmelt, obwohl ich sie im Gemüsefach des Kühlschranks gelagert hatte. Doch den Blaubeeren hatte das Klima nichts anhaben können. Zusammen mit Mandarin-Orangen aus der Dose habe ich einen fruchtig-saftigen Blechkuchen gebacken; und während er buk zur Entspannung ein Sudoku gelöst.

 

Danach wollte ich ein wenig auf Facebook rumstöbern, stolperte aber sogleich über einen Beitrag in einer Autorengruppe. Dort wurde ein Autor von einem anderen auf leider üblich gewordene besserwisserische Manier zurechtgestutzt, weil sein Buchmarketing angeblich nicht zielgruppenorientiert genug sei. Tenor: Wenn du Bücher verkaufen willst, musst du dich den Regeln des Marktes unterwerfen, sonst hättest du dir das Schreiben gleich sparen können.

Ob das in dem konkreten Fall stimmt, lassen wir mal dahingestellt. Auf jeden Fall hätte man es netter sagen können, nicht wahr? Bekannlich macht der Ton die Musik.

Naja, da wollte sich wohl jemand selbst darstellen und damit hervortun, wie perfekt er die Regeln des Buchmarktes beherrscht. Bestimmt ein richtig erfolgreicher Autor!

 

Bei solchen Themen geht mir erstaunlicherweise immer noch die Hutschnur hoch. Also zückte ich abermals den Stift und schrieb meine Gedanken dazu in meine Oxford-Kladde.

Das könnte durchaus Stoff für einen weiteren Blogbeitrag bieten. Damit hätte ich an einem Tag bereits Stoff für zwei Blogartikel notiert - und das völlig ungeplant, frei von der Leber und frisch aus der Feder.

 

Hm, ich sollte meine Vorsätze vom Jahresbeginn vielleicht noch einmal überdenken! Mit der Arbeitsplanung fürs 1. Quartal 2024 ist es jedenfalls nichts geworden. Ganz zu schweigen von der Umsetzung der neuen Konzepte.

Natürlich gibt es dafür Gründe. Die erfahren Sie demnächst in meinem Rückblick auf das 1. und 2. Quartal 2024. Denn ja, auch die Monatsrückblicke habe ich vorübergehend einstellen müssen.

Kleine Freuden oder: der Lippenstift

Nachdem ich ordentlich Dampf in meiner Kladde abgelassen hatte, war es Zeit für Kaffee & Kuchen.

Anschließend gönnte ich mehr mir als meiner Familie noch drei Runden Trionimo – herrlich entspannend!

Und danach – weil es gerade mal nicht regnete – haben mein Sohn und ich (mein Mann musste Fußball gucken) einen Spaziergang um Baumschulfelder und Baustelle - ja, auch wir hinter den Stadtgrenzen von Hamburg bleiben davon nicht verschont - gemacht. Ich war dankbar, dass ich meine Augen diesmal nicht mit einer Schirmmütze oder/und Sonnenbrille schützen musste, denn heute blendete mich nichts, die Sonne hatte Ruhetag. Schön. So konnte ich die Blumenpracht in den Vorgärten der Nachbarschaft mal ohne zusammengekniffene Augen genießen.

 

Aber das absolute Highlight des Tages war, dass ich meinen Lippenstift wiedergefunden habe, den ich seit fünf Tagen vermisst hatte. Ja, ich hatte bis dahin tatsächlich nur diesen einen! Zwar habe ich mir bereits Ersatz besorgt, aber der taugt leider nicht viel.

Diesen Lippenstift aber, der nur ganz dezent färbt, dafür aber umso mehr pflegt, hatte ich von meiner Tochter geschenkt bekommen, und ich hatte das Haus bis dato nicht verlassen, ohne ihn aufzutragen.

 

Dann war er plötzlich spurlos verschwunden und ich habe im wahrsten Sinne des Wortes alles auf den Kopf gestellt: Den Rucksack, den ich statt Handtasche immer bei mir trage, dreimal ausgeleert, die Innentaschen nach außen gekehrt und alles wieder einsortiert; in sämtlichen Hosen- und Jackentaschen nachgeschaut; auch ob er er in der Garderobe vielleicht runtergefallen und unters Schuhregal gerollt war … nichts von alledem. Er blieb auf rätselhafte Weise verschwunden.

 

Das ließ mir keine Ruhe. Er konnte sich doch nicht einfach in Luft aufgelöst haben! Auch im Auto hatte ich schon mehrfach nachgesehen: auf den Polstern, auf der Gummimatte, unterm Vordersitz - denn ich hatte am Tage seines Verschwindens zwei Jacken auf die Rückbank geworfen und den Verdacht, dass er aus einer der Taschen gerollt sein könnte. Doch nichts. Der Lippenstift blieb unauffindbar.

 

Heute - wieder saß ich hinten (meist der geringeren Sonnenblendung wegen, die hinteren Autoscheiben sind abgedunkelt, aber heute war ich aus Gewohnheit dort eingestiegen) - habe ich abermals alles abgetastet, bin mit den Fingern tief zwischen die Polster der Rückbank gegangen. Abermals nichts als gähnende Leere.

Dann kam mir die Idee, er könnte aus der Jackentasche gerollt und in eine der drei Öffnungen der Anschnaller gerutscht sein, zu denen sich die Polster absenken. Was soll ich sagen? Beim dritten Anschnaller … TADAAA.

 

Ob ich mich wohl gefreut habe, dass ich meinen guten alten Lippenstift – der übrigens kurz vor seinem Ende steht! – wiedergefunden habe? Sofort habe ich mir Hersteller und Farbton notiert, denn auf so etwas achte ich für gewöhnlich nie.  Der Nachschub ist also sichergestellt und die liebe Seele hat endlich Ruh. Nicht allein wegen des zurückerhaltenen Kosmetikartikels, sondern vor allem weil das Rätsel nun endlich gelöst ist.

 

Was für ein schöner Tag!!!!

 

Übrigens: mit diesem Beitrag sind es sogar drei, die ich an diesem herrlich verregneten Sonntag geschrieben habe. 


> Lesen Sie im nächsten Blogartikel in der Kategorie Momentaufnahme, warum ich mit dem Deutschsein fremdele.