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Was würdest du im Nachhinein anders machen?

Was würdest du im Nachhinein anders machen?

Gedankenspielerei zum Thema: Was würdest du im Nachhinein anders machen - Foto: Pixabay

Diese Frage kam neulich in der Autorencommunity auf Instagram auf. Natürlich zielte sie auf die Erfahrungen rund ums Schreiben und Veröffentlichen ab.

Da kann wohl jeder von der schreibenden Zunft aus dem Nähkästchen plaudern. Wer hat womit schlechte Erfahrungen gemacht und würde das Ganze im Nachhinein völlig anders angehen? Welche Erwartungen wurden enttäuscht, was war Zeit- oder Geldverschwendung? Der Themen gibt es viele.

 

Daher war ich einigermaßen überrascht, dass nur äußerst verhaltene und vage Antworten eintrudelten.

Die Ersten behaupteten ziemlich forsch: Gar nichts!

Entweder um zu demonstrieren, dass sie alles richtig gemacht hatten und sehr zufrieden mit ihrem Werdegang als Schriftsteller waren. Oder weil sie an die Frage etwas spitzfindig herangegangen waren und meinten, dass es nichts nütze, sich im Nachhinein über falsche Entscheidungen zu grämen, man solle daraus lernen und es in Zukunft besser machen.

Ja, schon klar, aber genau darum ging es ja: Könnte man die Zeit zurückspulen, was würde man mit dem Wissen von heute anders machen?

 

Allerdings muss ich zugeben, dass mir so spontan auch nicht viel zu der Frage einfiel.

Außer einer Sache: Ich würde mir, wenn ich noch mal am Anfang stünde, nicht mehr so viel Mühe geben. Ja, sie haben richtig gelesen! Denn Mühe und Sorgfalt sind alte Begriffe, die heute nicht mehr zählen. Es kommt nicht mehr darauf an.

 

Stattdessen wird Schnelligkeit verlangt. Dass Quantität zwangsläufig (bis auf ganz wenige Ausnahmen) auf Kosten von Qualität geht, ist allgemein bekannt und scheint niemanden mehr groß zu stören. Vielleicht haben wir uns auch einfach nur an die Masse von "husch-husch-Produkten" gewöhnt. Die junge Generation kennt es ja nicht mehr anders. Ihre Welt dreht sich ohnehin um ein Vielfaches schneller.

 

Das gilt für fast alle Lebensbereiche. Auch für die Buchbranche. Auch fürs Bücherschreiben. Für Social Media ohnehin.

Die Zahl der jährlichen Buchneuveröffentlichungen ist unglaublich. Da werden von einigen Autoren locker mal eben 5 bis 6 Bücher pro Jahr rausgehauen. Und den tollen Beitrag auf Instagram, den ich vor einer halben Stunde gelesen habe, finde ich jetzt schon nicht mehr!

 

Wozu habe ich überhaupt so umfangreiche Romanrecherchen angestellt? An Authentizität ist ohnehin kaum einer interessiert. Hauptsache die Handlung ist rasant und spannend erzählt und bricht nicht mit - Achtung! - Lesegewohnheiten. Dieser Begriff gehört übrigens neben "Zielgruppe" und "Lesererwartung" zu meinen Lieblingsreizwörtern, für die ich demnächst mal eine Liste anfertigen werde. 

 

Oder wer legt noch Wert auf einen ansprechenden Satzspiegel? Im schnelllebigen Zeitalter von eBooks und Hörbüchern hat die Ästhetik eines gebundenen Buches längst verloren.

Wenn ich jedoch bedenke, wie viel Zeit ich in den Buchsatz für meine Printbücher investiert habe, die lediglich 10% meiner Verkäufe ausmachen. Zum Heulen!

 

Und Cover?

Pfff... Auch dafür gibt es, wie für die Inhalte, längst Schablonen. Den Umschlag individuell zu gestalten ist so was von … ich weiß nicht … 90er? Auf jeden Fall letztes Jahrhundert!

Heute hat ein Cover in erster Linie „genrekonform“ zu sein. Also im Genre "Historischer Roman" wäre das typische Cover die schon oft von mir zitierte "Frau von hinten" vor Villa, Luxusdampfer, Stadtsilhouette oder mitten im Lavendelfeld. Neuerdings darf sie sich auch im Seitenprofil zeigen.

Tipp der Marketingexperten: Einfach mal schauen, wie die Umschläge der Bestseller in deinem Genre aussehen!

Ja, und was dann? Etwa nachahmen???

Geschickterweise hat das keiner gesagt. Aber gemeint!

Nachahmen war früher so was von verpönt. Da kam es noch auf Individualität an, darauf, etwas Eigenes zu erschaffen.

Okay, ich gebe zu: Mein "früher" ist schon verdammt lang her!

 

Aber auch jenseits der Buchherstellung würde ich mir nicht mehr so viel Mühe geben. Zum Beispiel was Lesungen anbelangt.

Keine meiner Lesungen war wie die andere. Ich habe für jede Veranstaltung ein eigenes Konzept mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten erstellt – je nach Lesungsort und dessen Rahmenbedingungen. Und es hat mir immer sehr viel Spaß gemacht. Wenn ich eine bestimmte Atmosphäre schaffen konnte und die Zuhörer diese aufgesogen haben, war das für mich ein erfüllender Moment und Lohn genug.

Nur: War es die intensive Vorarbeit wirklich wert? Die meisten Leute, die eine Lesung besuchen, wollen sich bloß ein wenig unterhalten lassen. Sie stellen den Anspruch gar nicht, den ich an mich selbst stelle.

Also wozu mehr hineinstecken als nötig?  

 

Ganz einfach: Weil ich nicht anders kann!

Weil ich immer mein Bestes geben will. Weil ich Wert auf Qualität lege. Weil ich so erzogen wurde, mir Mühe zu geben und Sorgfalt walten zu lassen. So was Altmodisches aber auch!

 

Was also würde ich im Nachhinein anders machen?

Letztendlich muss auch ich antworten: Gar nichts!

Sonst müsste ich mich erst einmal selbst anders machen. Auch wenn das ginge, würde ich es nicht wollen.

 

Und wozu war diese Gedankenspielerei nun gut?

Ich würde mal sagen: für die Erkenntnis, dass ich mit nichts hadern muss.

Ist doch schön, oder?