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Brauchen Autoren ein Echtheitssiegel?

Brauchen Autoren ein Echtheitssiegel?

Einen ähnlichen Blogartikel hatte ich bereits im 1. Quartal 2023 veröffentlicht. Vor zwei Jahren wurde er noch von manchen belächelt. Der KI wurde nicht viel zugetraut.

 

Inzwischen wird ChatGPT im Berufsalltag vieler wie selbstverständlich eingesetzt. Im Verlagswesen haben nach eigener Aussage 80% damit positive Erfahrungen gemacht.  Die Verlagswelt ist also bereits revolutioniert.

 

Erstaunlicherweise erfährt man wenig Konkretes auf die Frage, inwieweit KI den Arbeitsalltag der Schreibenden verändert hat. Man liest, dass ChatGPT hilfreich bei der Themenauswahl und Recherche ist, sodass man sich vermehrt auf das "Kerngeschäft" konzentrieren könne. Hört sich gut an, oder? Aber was genau bedeutet das?

Konnten dadurch eventuell 2 von 3 Redakteuren freigesetzt werden? Fällt die Bilanz von Unternehmerseite darum so positiv aus? Wieso hört man kaum noch kritische Stimmen?

 

Vor allem: Wie sieht es inzwischen in den Buchverlagen aus? Auch dazu habe ich wenig Aktuelles gefunden.

Aus einem Artikel vom 2. Januar 2025 auf ingenieur.de erfahre ich, dass das Marktforschungsinstitut media control  ein KI-Tool plant, mit dem Bestseller vorhergesagt werden können. Das bedeutet, weniger Retouren aus den Buchhandlungen und eine gezielte Produktion schnell verkaufbarer Bücher. Ein Grund zum Jubeln?

 

Kommt darauf an, für wen. Verlegt wird schon heute, was die Masse will. Doch es gab bisher noch das "Unberechenbare", das unternehmerische Risiko, was ein breites Spektrum von Genre und Themen nötig machte.

Damit könnte Schluss sein, sobald die Wünsche der Masse berechenbar geworden sind. Es liegt auf der Hand, dass dann hauptsächlich nur noch für diese Zielgruppen produziert wird.

 

Wie war das noch mit der "höheren" Aufgabe von Buchverlagen?

Die Antwort darauf finden Sie am Ende des nachfolgenden Artikels.

Ursprünglicher Blogbeitrag vom 22.03.2023

In letzter Zeit kommt immer häufiger das Thema „Künstliche Intelligenz“ (KI) auf, die bereits in etliche unserer Lebensbereiche Einzug hält. Natürlich wird das auch in Autoren- und Bloggerkreisen heftig diskutiert.

Ob die schreibende Zunft zittert oder sich eher ins Fäustchen lacht? Oder ob sie sich erst ins Fäustchen lacht und dann das große Zittern kriegt? Das wird sich schon bald zeigen.

 

BRAUCHEN AUTOREN ZUKÜNFTIG EIN ECHTHEITSSIEGEL?

Diese Frage hatte ich bereits im Februar 2023 in meiner Autorencommunity auf Instagram gestellt mit folgendem Post: 

Nicolae-Saga von Aurelia L. Porter - frei von künstlicher Intelligenz

 

Für alle, die das Echte lieben. 😉

 

Was heute in Nullkommanix mit den richtigen Keywords von KI in eine lesbare Form gebracht werden kann, dafür habe ich Jahre meines Lebens hingegeben, mit viel Leidenschaft und Herzblut.

 

Die Geschichte um meinen Titelhelden Nicolae ist aus sich selbst gewachsen, in Ruhe gereift und mit der nötigen Sorgfalt verarbeitet worden. – Für einen puren Lesegenuss!

 

Ob wir Autoren so etwas ab jetzt immer dazuschreiben oder sogar ein Siegel dafür entwerfen müssen? Was meint ihr?

Die Reaktionen fielen erstaunlich verhalten bis unaufgeregt aus.

Nur einen Monat später wusste ich:

  1. Es war zu früh gefragt, das Thema scheint bei vielen erst sehr viel später angekommen zu sein.
  2. KI wurde von einigen bloß für eine weitere harmlose Maschine gehalten, die nur so gut sein kann, wie ihr Konstrukteur sie gefüttert hat und ihr Anwender sie bedient.
  3. Offenbar konnten sich viele nicht vorzustellen, was eine intelligente - das heißt: selbstständig lernende (!) - Maschine zu bewerkstelligen vermag.
  4. Die Idee des Echtheitssiegels ist durchaus berechtigt.

Interessanterweise haben mittlerweile - mehr als zwei Jahre später! - einige Autoren auf das Thema reagiert, indem sie im Impressum ihr Einverständnis verweigern, dass der Inhalt ihres Buches von einer KI ausgelesen werden darf. - Wie niedlich!

 

Das ist jedoch nur ein Aspekt, nämlich der des Urheberrechts, der durch die KI wie selbstverständlich am laufenden Band ausgehebelt wird. Von Urheberschutz kann wohl kaum mehr die Rede sein.

 

Viel mehr würde mich als Leser allerdings interessieren, inwieweit ChatGPT als Hilfsmittel für den Inhalt des Buches eingesetzt wurde. Doch das wird wohl kein Autor, der etwas auf sich hält, öffentlich zugeben.  Was mich zu der Frage leitet:

Kann "KI" die besseren Bücher schreiben?

Wenn ich jetzt böse sein wollte – und das bin ich hin und wieder, zumindest gedanklich –, würde ich behaupten, dass ein Großteil der in Massen für den Markt produzierten Bücher ohnehin nach Schema F geschrieben ist und aus den immer gleichen Schubladen mit Personal und Requisiten bestückt wird. Der Unterschied zu einer von einer künstlichen Intelligenz verfassten Geschichte ist vermutlich gar nicht mal so groß. Und wer weiß, vielleicht kann sie es ja sogar besser?

 

Der seinem Lieblingsgenre verhaftete Leser würde es womöglich gar nicht merken, dass kein Mensch, sondern eine Maschine den Roman geschrieben hat. Vielleicht wäre es ihm auch egal. Hauptsache er kriegt den Stoff, den er will und an den er gewöhnt ist. Der geistig-ästhetische Anspruch scheint im Allgemeinen ohnehin nicht sonderlich hoch zu sein, nach einem Blick auf die Büchertische der großen Buchhandelsketten zu urteilen.

 

Was für ein Fest für die Verlage! Zukünftig brauchen sie nicht einmal mehr ein Honorar zu zahlen, denn KI braucht kein Geld zum Leben. Sie ist auch nicht in der Gewerkschaft oder anderweitigen Schriftstellerverbänden organisiert, zähe Verhandlungen sind daher nicht zu befürchten. Und das Gute ist, nicht nur Autoren, auch Lektoren werden bald überflüssig sein. – Hurra, es lebe KI, es lebe die Macht der intelligenten Maschinen!

Welche Aufgabe hat Literatur?

Sie halten meine Denke für reine Dystopie? Sie glauben, es ist fraglich, ob eine künstliche Intelligenz die Literaturbranche vollständig erobern kann?

 

Das hatte ich bis vor Kurzem auch noch gehofft. Aber dann erhielt ich den Newsletter einer Autorenkollegin, die ganz offen davon erzählt – obendrein ohne sich etwas dabei zu denken –, dass sie eine Maschine entwickelt habe (sie kann so etwas Berufs wegen!), die ihr beim Entwerfen des nächsten Romans behilflich sein wird. Ein Zufallsgenerator spuckt ihr dann das Setting, die Charaktere und die Handlung aus - sogar das auslösende Moment.

 

Hallo??? Hat das noch irgendetwas mit kreativem Schaffen zu tun?

 

Das Genre-Schreiben nach Schablone ist ja bereits grenzwertig und erinnert mich stets an einen etwas umfangreicheren Schulaufsatz. Dabei will ich nicht in Abrede stellen, dass der eine oder andere wirklich gut geschrieben ist. Doch wenn jetzt sogar schon Autoren selbst Maschinen für die "Herstellung" ihrer „Produkte“ einsetzen …  also, dafür fehlen mir ehrlich gesagt die Worte.

 

Ist unsere Gesellschaft nicht schon entmenschlicht genug? Müssen wir jetzt auch noch Maschinen auf die letzten unserer Kulturgüter loslassen?

 

Damit Sie mich nicht missverstehen, KI kann in einigen Bereichen bestimmt sinnvoll eingesetzt werden. Und in den richtigen Händen ist sie wahrscheinlich ein wunderbares Hilfsmittel.

Leider gibt es jedoch auch noch die anderen, die aus reiner Profitgier vor nichts Halt machen werden. Den deutschen Buchmarkt klammere ich da explizit nicht aus.

 

Wussten Sie, dass Buchverlage eigentlich einer höheren Aufgabe nachkommen sollen?

Ihre "Produkte" sollen - aufgepasst! - der geistigen Anregung und Erbauung dienen.

Höre ich Sie lachen, schmunzeln, sich laut wundern? Zu Recht!

Mein Momentanes Fazit

Daher kehre ich zu meinen Klassikern zurück und kaufe mir antiquarisch noch welche dazu. Dann weiß ich wenigstens, dass ein Mensch aus Fleisch und Blut nur mithilfe von Papier und Tinte - wenn’s hochkommt mit einer Schreibmaschine - wirklich Eigenes und Geistreiches verfasst hat. Ein schöpferisches Werk eben, das den Lesern etwas mitzuteilen hat, sie geistig erbaut und anregt oder von mir aus auch einfach nur niveauvoll unterhält. Frei von jeglichen künstlichen Zusatzstoffen.

Zeitgemäß ausgedrückt: ein nachhaltiges Produkt.

 

Denn: Auch auf die geistige Ernährung sollte man achten!  😉


Teilen Sie mir gerne Ihre Gedanken dazu mit. >> Kontakt

 

Zum gleichen Thema erschienene Artikel hier in meinem Blog:

> KI wirft viele Fragen auf vom 10. Juli 2023

> ChatGPT? Ohne mich! - Warum ich für meinen Blog keine KI nutze vom 25.02.2025